Der Naturpark Haßberge wird 50 und feiert am 28. April in der Altstadt von Ebern ein halbes Jahrhundert erfolgreichen Einsatz für den Erhalt einer faszinierenden Kulturlandschaft. Das Naturparkfest lädt seine Gäste ein, die Schönheit der Haßberge zu entdecken, nimmt sie mit auf eine Zeitreise bis zu den Anfängen, stellt aktuelle Projekte vor und gibt einen Ausblick in die zukünftige Förderung einer nachhaltigen Lebensweise.

Unter den Naturparken Bayerns zählt der Naturpark Haßberge, der sich im Norden des Landes zwischen den Städten Haßfurt, Bamberg und Bad Königshofen erstreckt, mit 80.400 ha eher zu den kleineren. Doch was die Vielfalt der Landschaften und Arten angeht, ist er einer der ganz großen.

Vielfältiger Überlebensraum

Ausgedehnte Laub- und Mischwäldern überziehen den zentralen, bis 512 Meter hohen Mittelgebirgszug, idyllische Wiesentäler mit seltenen Knabenkräutern und Orchideen kerben sich ein, vereinzelt sind an den Hängen Trockenbiotope wie Kalkmagerrasen und Wacholderheiden zu finden. Drumherum ein buntes Mosaik von Kleinparzellen: Wiesen, Äcker, Weinberge, alte Streuobstwiesen, von Hecken und Rainen strukturiert und mit idyllischen Fachwerkorten, trutzigen Burgen und anmutigen Landschlössern bestückt. Nicht zu vergessen: die Mainaue zwischen Eltmann und Haßfurt, ein artenreiches Feucht- und Gewässergebiet, in dem sich wasserliebende Vögel wie Blaukehlchen oder Grünschenkel wohlfühlen. Der reich strukturierte Lebensraumkomplex Haßberge zieht eine Fülle von Arten nach sich, darunter viele stark gefährdete wie der Schwarzstorch, die Wildkatze, die Gelbbauchunke, der Edelkrebs oder die Pyramiden-Spitzorchidee. Ein echter Überlebensraum, der so manche Sensation birgt. 2011 wurde die als ausgestorben geltende Essigrosen-Dickfühlerweichwanze auf dem ehemaligen Standortübungsplatz Ebern wiederentdeckt, damals das einzige bekannte Vorkommen Mitteleuropas!

So viel unbereinigte Kulturlandschaft mit atemberaubender Vielfalt und weitgehend intakter Natur findet sich sonst nirgends mehr in Bayern. Zusätzliche Attraktivität verleihen Burgen, Ruinen und Schlösser in einer deutschlandweit herausragenden Dichte.

Diese einzigartige Landschaft zu schützen und zu bewahren, ihre Schönheiten den Menschen zu erschließen, war das Anliegen der Regierung von Unterfranken, als sie 1974 die Landkreise Haßberge, Rhön-Grabfeld, Bamberg und Schweinfurt bei der Gründung des Vereins Naturpark Haßberge unterstützte. Damals stand die Stärkung des Erholungsaspektes im Fokus. Der Naturpark förderte und entwickelte zahlreiche Spielplätze von Trappstadt im Norden bis Hallstadt im Süden. Für Gemeinden, die mehr in ihren Freizeitwert investieren wollten, wurden Grillplätze, Wanderhütten und Kneippbecken realisiert, darunter auch Jugendzeltplätze und große Freizeitanlagen wie die am Weißfichtensee.

Parallel dazu förderten die Akteure des Schutzgebietes die wichtigste und nachhaltigste Freizeitaktivität in der Natur: das Wandern. Das Wegenetz wurde ausgebaut und bereits vorhandene Strecken mit Infrastruktur aufgewertet. Schutzhütten, Ruheplätze mit Sitzgruppen und Aussichtspunkte machen seitdem die Entdeckung der vielfältigen Natur der Haßberge zu einem noch attraktiveren Erlebnis. Für die Pflege war ein angestellter Mitarbeiter zuständig, erstaunlich wenig Manpower, doch damals ein personelles Privileg im Vergleich zu anderen Naturparken. Inzwischen erschließt ein weit verzweigtes Wanderwegenetz auf über 1.200 Kilometern die verschiedenen Landschaften und Höhepunkte – traumhafte Aussichten inbegriffen. Mit dem Erholungsaspekt verbunden waren die ersten Naturschutzmaßnahmen der 70er-Jahre wie des Großprojekt Landschaftssee bei Aub. Obstbaumpflanzungen, die Pflege von Naturdenkmälern, etwa des Baumriesen „Dicke Eiche“ bei Rottenstein, und das Schaffen kleinerer Gewässer folgten.

Lernort Natur

In den 80er-Jahren gesellte sich zum Erholungsaspekt ein weiterer Leitgedanke: der Naturpark als Lernort. Die Einrichtung von Lehrpfaden werteten das Naturerleben mit Wissen auf. Den ersten Naturlehrpfad mit Lehr- und Spielstationen legte 1981 die Gemeinde Gerach an. Spätestens mit dem Burgenkundlichen Lehrpfad und dem Geologie-Lehrpfad wurden Teile des Naturparks zum beliebten Outdoor-Klassenzimmer.
In dieser Dekade gewann auch der Naturschutz an Gewicht. Nistkästen wurden installiert, um den Lebensraumverlust vieler Vogelarten abzumildern. Auch der bedrohten Fledermauspopulationen nahm sich der Naturpark an: Er richtete ihre zerstörten Quartiere, verschüttete alte Kelleranlagen, wieder her.

Neue Impulse brachten die 90er- Jahre – und die wurden von einem kreativen Allrounder gesetzt: Norbert Schmucker übernahm 1997 die Bauhofleitung des Naturparks. Und was er seitdem als einziger Angestellter zusammen mit Geschäftsführer Winfried Seufert und mit Unterstützung ehrenamtlicher Hilfskräfte konzipiert und auf die Beine gestellt hat, ist schon erstaunlich. Je nach Herausforderung der Aufgabe fungierte er – und tut das noch bis zum Beginn seines Ruhestands im April – als Planer, Erfinder, Handwerker oder Designer. Er hat die Infrastruktur des Naturparks so geformt und modernisiert, wie sie noch heute von den Besuchern geschätzt wird.

Ihm ist auch die kreative Umsetzung des neuen pädagogischen Ansatzes „die Natur spielerisch erkunden“ zu verdanken.  Viele von ihm seit 1999 konzipierten und eingerichteten Erlebnispfade, inzwischen insgesamt 20, schicken Kinder, Jugendliche und Erwachsene auf spannende Entdeckungsreisen und sensibilisieren sie für den Wert und die Fragilität der Natur. Exemplarisch ist der Steinerlebnispfad bei Maroldsweisach. Hier können junge Naturliebhaber in die geologische Vorgeschichte eines Basaltwerkes eintauchen, viel über diesen Sonderlebensraum für tierische und pflanzliche Spezialisten erfahren, beim Steineklopfen mit Glück den Edelstein Olivin finden, Lebensräume in einem „Sandwerk“ nachbauen und Steine zum Klingen bringen. Begleitend dazu designte er Broschüren und Infotafeln.

Fit für die Zukunft

2019 beschloss die Staatsregierung, die Naturparke finanziell erheblich zu stärken. Damit konnte auch in den Haßbergen personell aufgestockt werden. Die Geschäftsführung erhielt eine zweite Stelle, zwei Ranger und eine FÖJ-Stelle kamen hinzu. Damit steht dem aktuellen Geschäftsführer Lukas Bandorf mehr Kapazität für die gewachsenen Anforderungen an die Naturparkarbeit zur Verfügung.

Es können mehr Maßnahmen im Naturschutz durchgeführt werden, wie die Pflege von Streuobstwiesen und die Schaffung von Feuchtbiotopen. Der Artenschutz ist als neue Zielsetzung hinzugekommen und wird von den beiden Rangern übernommen. Sie setzen sich durch Monitoring und Projekte etwa für den Steinkauz oder die Gelbbauchunke ein. Ein anderer Aufgabenbereich, in dem sie viel wertvolles Wissen vermitteln, ist die Umweltbildung durch Infoveranstaltungen und Naturerlebnis-Führungen. Unterstützt durch ehrenamtliche Naturparkbotschafter begeistern sie die Besucher bei spannenden Tierbegegnungen, auf bunten Frühlingswiesen und an geheimnisvollen Sagenorten.

Die Sensibilisierung von Besuchern und Bevölkerung für die Belange der Natur, sanfter Tourismus und nachhaltige Regionalentwicklung – diese Zielsetzungen sollen in Zukunft durch das geplante Naturparkzentrum in Königsberg neue Impulse erhalten. Die Naturpark-Akteure haben noch viel vor.